Die Harmonie futsch...
Ist die Harmonie futsch, nutzen Teams die Supervision gelegentlich, um Konflikte aufzugreifen. Eine spricht es an, ein anderer zögert, nimmt dann aber seinen ganzen Mut zusammen und lässt sich auf das Gespräch ein.
Das Team ist froh darum, denn offenbar brodelt es seit einiger Zeit. Am Ende sind alle sehr erlöst, Erwartungen und Wünsche wurden benannt und gute Ideen für den zukünftigen Umgang miteinander entwickelt.
Worum es geht und ob diese Themen eher weibliche, männliche oder diverse Menschen betreffen, ist im Grunde gar nicht wichtig. Viel interessanter ist doch, warum ein Konflikt so lange Zeit unbenannt umherwabern kann.
Kennen Sie das auch? Es liegt etwas in der Luft und Sie trauen sich nicht, darüber zu sprechen?
Es könnte hilfreich sein, zu reflektieren, welchen Blick Sie auf das Thema Konflikte haben. Bezeichnen Sie Auseinandersetzungen als Konflikt, Streit, Meinungsverschiedenheit oder Diskussion? Fühlen Sie mal nach, welches Wort Sie am ehesten be- oder entlastet. Die Wortwahl beeinflusst Ihre Einstellung und wie Sie damit umgehen entscheidend.
Menschen die lieber ausweichen, weil sie es harmonisch haben wollen, verhindern Auseinandersetzungen. Aber ist es so nicht viel schwieriger eine konstruktive Lösung zu erarbeiten? Ist die Harmonie am Ende nicht mehr gestört als hergestellt?
Wenn also eine negative, ängstliche Haltung ungünstig wäre, dann könnte doch ein positiver Blick auf Konflikte nützlich sein. Oder?
Das hieße Verletzungen, Risiken und Gefahren nicht zu verleugnen, sondern anzusprechen und genau zu betrachten.
Zuerst wird die Sachebene betrachtet. Wird über das Gleiche gesprochen? Stimmen die Zahlen, Daten, Fakten?
Nicht ohne Grund legen wir in der Mediation ein starkes Gewicht auf die Hintergründe, Emotionen, Bedürfnisse und Erwartungen. Deshalb wird als nächstes versucht, das Thema hinter dem Thema zu finden. Erinnern Sie sich an das Eisbergmodell?! Lesen Sie noch einmal hier.
Verdecktes, vor allem die Emotionen und Bedürfnisse müssen Raum bekommen. Hier liegt der Schlüssel. Verhaltensweisen sind sehr unterschiedlich und können fast immer berechtigt sein. Voraussetzung für eine Einigung ist ein gemeinsames Verständnis. Schließlich kann es sogar Spaß machen, zusammen Lösungen zu finden und auszuprobieren.
Fragen zur Selbstreflexion
Häufig ist es sinnvoll in eine kritische Selbstreflexion zu gehen.
Wie sind Sie aufgewachsen? Wie wurde in Ihrem sozialen Umfeld mit Konflikten umgegangen? Wurde gesprochen, geschwiegen, gebrüllt, gezankt, gestraft? War dieses Verhalten geschlechterabhängig? Gab es einen stummen, ausweichenden Vater und eine sich stets beschwerenden Mutter? War der Opa eher cholerisch und die Oma beschwichtigend? Welche Geschlechterrollen haben Sie erlebt und verinnerlicht?
Jeder hat seinen Erfahrungsrucksack dabei und je genauer Sie wissen, was sich darin versteckt, desto leichter können Sie ein bisschen aufräumen. Wenn Sie Glück haben, sogar aussortieren. Vor allem unschöne Erlebnisse wiegen schwer und können im Umgang belasten. Dann ist es sehr hilfreich, als Erwachsener ein neues Verhalten zu üben. So kann ein für Sie passendes Selbstverständnis entstehen und Sie haben die Chance konstruktiv in Diskussionen zu gehen und Ihre Persönlichkeit weiterzuentwickeln.
„Nicht das Problem macht Schwierigkeiten, sondern unsere Sichtweise.“
Viktor Emil Frankl
Lösungssuche
Denken Sie manchmal auch in schwarz oder weiß, bewerten ganz schnell, was gut oder schlecht ist, sagen zum Beispiel: „Typisch Männer!“ und rollen die Augen? Grundsätzlich ist es normal und stabilisiert unseren Zugang zur Welt, wenn wir in Kategorien denken. Um die Komplexität von Situationen zu erfassen, sind jedoch ein breiter Blick und häufige Perspektivwechsel nützlich.
Übung
Es gibt eine wunderbare Übung zur Lösungssuche im Team. Diese bedient sich zunächst genau des Systems der Gegensätze, um dann Ideen zusammenzuführen.
Sie möchten eine Situation, ein Thema, ein Problem beleuchten.
1.Zuerst überlegen Sie sich gegensätzliche Paare. Zum Beispiel: die Hellen und die Dunklen, die Narren und die Weisen, die Streber und die Faulenzer, die Krümelkacker und die Schlumpis etc.
2.Da es um Gegensätze geht, teilen Sie sich nun in eine gerade Anzahl von Grüppchen auf.
3.Jede Gruppe sammelt anhand ihrer Wertigkeit Lösungen für die Situation, das Thema oder das Problem. Je wilder und kreativer, desto besser.
4. Die Lösungen werden vorgetragen und über Vor- und Nachteile in der „wahren“ Welt diskutiert. Solch ein Vorgehen erlaubt, aus üblichen Denkmustern auszubrechen und schafft die Möglichkeit, ganz neue, kreative Ideen zu ersinnen.
Wenn Sie wenige Personen sind, können Sie auch gemeinsam durch die gegensätzlichen Paare gehen, Lösungen entwickeln, in das reale Leben übertragen und auf Chancen prüfen.
Sie möchten sich auch in der Supervision reflektieren?