Gedanken kramen

Unsicherheit

Selbstvertrauen gewinnt man dadurch, dass man genau das tut, wovor man Angst hat, und auf diese Weise eine Reihe von erfolgreichen Erfahrungen sammelt.

Dale Carnegie

Eine Erinnerung

Ein dumpfes Klacken, das Licht ging an. Ich stand im Scheinwerferlicht einer großen Bühne in Berlin. Damals war ich 10 Jahre alt, spielte und sang mit Enthusiasmus. Trotz Lampenfieber fühlte ich mich hier sicher. Allerdings kam, sobald die Vorstellung vorbei war, das kleine, empfindliche und eher ängstliche Häschen wieder in mir hervor. Das ist doch seltsam, nicht wahr? Ich spielte Rollen, hatte einen Text und einen Rahmen vorgegeben. Das gab mir Sicherheit. Nach außen zeigen, aber nicht ich selbst sein müssen. Mein Selbst langsam kennen lernen und finden. Welch wertvolles Geschenk, so wachsen zu dürfen.

Unser Sicherheitsempfinden ist individuell. Die große Bühne wäre für viele andere Menschen wahrscheinlich die Hölle. Frieden, Geborgenheit, mir wohlgesonnene Menschen und Gestaltungsspielraum, ausprobieren und entwickeln dürfen, das verbinde ICH mit Sicherheit.

Ein Fallbeispiel

Neulich eine Kitaleiterin in einer Einzelsupervision. Sie leitete ein kleines Team, berichtete von allgemeiner diffuser Unruhe, war irritiert und sichtlich genervt.

Es gab Ärger und Missverständnisse. Da die tägliche Arbeit nur noch notdürftig geleistet wurde, sprach die Leiterin von einer Krise. In der ausführlichen Reflexion der Teamkonstellation, fiel ihr auf, dass jede einzelne Kolleg*in belastet und vor allem unsicher war. Die Ursachen waren verschieden und oft sehr persönlich. Die Unsicherheiten wurden facettenreich ausgelebt: Weinen, Schweigen, Zicken und Schreien. Vor allem wurde übereinander geredet. Devise: Ein gemeinsamer Feind ist immer noch besser, als selbst der Feind zu sein. Es entstanden kleine Grüppchen, Verstrickungen und Intrigen.

Doch der Beweggrund war nicht Missgunst, sondern Unsicherheit. Mit dieser entlastenden Erkenntnis ging sie aus der Sitzung. Außerdem waren folgende Fragen für die Leiterin hilfreich: Was bedeutet Sicherheit und wie kann sie hergestellt werden? Wo schaue ich genau hin? Welche Perspektive nehme ich ein? Wo sind in diesem Zusammenhang Grenzen? Wofür bin ich als Leiterin zuständig? Was gehört zum professionellen Arbeitsauftrag? Was gehört nicht in den Arbeitskontext? In welchen Situationen kann/sollte/muss ich andere Unterstützungsmaßnahmen empfehlen? Wie sehr bewegen wir uns im Team auf der Beziehungsebene? Was habe ich mit der Unsicherheit zu tun? Wie kann ich unterstützen?

Dann kam Corona und plötzlich war alles anders. Diese weltweite Krise mit ihren diversen Aspekten befördert Unsicherheit geradezu. Neben der Angst um Leib, Leben oder die Existenzgrundlage, sind es von außen auferlegte Beschränkungen und Vorgaben. Zum Beispiel, dass man sich entgegen der gelernten Normen bewegen und begegnen soll. Ein neues Nähe Distanz Empfinden muss gelernt und eingehalten werden. Das ist unnatürlich, anstrengend, stößt auf Widerstand und stellt ein Gefühl von Ohnmacht her. Menschen sind unschlüssig, fühlen sich bedroht, erleiden einen Kontrollverlust.

Das macht unsicher. Klar! Wir sind in Habachtstellung. Dieser konstante Stresszustand, fordert von uns permanente Anpassungsleistungen.

Die nächste Supervision mit der Kitaleiterin fand online statt. Sie hatte mit jeder Kolleg*in ein Einzelgespräch führen können und die Idee entwickelt, gemeinsam im Team zu überlegen, wie eine professionelle Zusammenarbeit funktionieren könnte.

Nun hatte sich die Situation durch Corona verändert. Zunächst musste auf die Anforderungen von außen eingegangen werden. Die Notbetreuung wurde organisiert und das Team musste sich mit einer anderen Art der Zusammenarbeit auseinandersetzen.

Die Leiterin nutzte die Möglichkeit, die Kolleg*innen so einzuplanen, dass jede mit jeder in den Austausch gehen musste. Es war unvermeidlich ins Gespräch und in ein Miteinander zu kommen. Auch wenn nicht jedes Gerangel aufgelöst werden konnte, entwickelte sich dennoch ein neues, anderes Verständnis unter den Kolleg*innen. Solidarität war spürbar. Das war eine positive Voraussetzung, um im Gesamtteam ins Gespräch zu kommen. Die Leiterin nutzte die Krise als Chance.

Obwohl die Corona-Krise alle Menschen gleichermaßen betrifft und durch äußere Einflüsse bestimmt ist, sind die Reaktionen unterschiedlich. Häufig angstmotiviert, panisch und egoistisch, auch abwartend, umsichtig, bedacht oder auch unvorsichtig, ignorant und gedankenlos.

Je nachdem wie Situationen bewertet werden, ob sie als lösbar oder unlösbar eingestuft werden, ob eigene Strategien für den Umgang entwickelt oder aus vergleichbaren Erfahrungen übertragen werden können, wird gehandelt. Menschen mit hoher Selbstwirksamkeitserwartung gehen davon aus, in schwierigen Situationen selbständig agieren zu können. Sie sind selbstsicher und haben Vertrauen in eigene Kompetenzen. Menschen, die sich selbst vertrauen, beweglich und anpassungsfähig sind, werden Krisensituationen etwas leichter meistern können. Man nennt sie auch resilient. So paradox das klingen mag, Flexibilität macht ihre Stabilität aus.

Wenn eine Persönlichkeit eher unsicher und nicht sehr stabil ist, wird vermutlich mehr Reflexionsarbeit und Training nötig sein. Vielleicht braucht es auch Unterstützung von außen.

Sie wollen mehr Sicherheit erlangen und lernen sich noch besser zu reflektieren?

Zum Ausprobieren

Jeder Mensch hat ein bestimmtes Bild von sich. Kennen Sie das auch? Oft spielen Selbstzweifel oder Unsicherheit eine Rolle und es fällt nicht so leicht, positiv über sich selbst zu denken, geschweige denn zu sprechen. Wir sind mit uns selbst zumeist sehr perfektionistisch, besonders kritisch und lassen uns nichts durchgehen. Wir vergleichen uns nur allzu gern mit anderen. Das ist normal und kann auch anspornen. Problematisch ist, dass wir immer nur einen bestimmten Teil vergleichen und nicht die Gesamtperson. Die ist nämlich nie perfekt. Das haben wir beim Vergleich aber erfahrungsgemäß nicht im Blick. Die Erlaubnis sich zu mögen, können nur Sie sich geben. Wenn Sie wissen, wer Sie sind, können Sie sich selbst vertrauen. Wichtig dabei: Seien Sie wohlwollend mit sich selbst, verurteilen Sie sich nicht!

Die folgenden Anregungen und Impulse unterstützen Sie, sich ernst zu nehmen und sich mehr zu vertrauen.

Eigenlob stimmt!

Zunächst können Sie üben, wohlwollender von sich selbst zu sprechen.

  • Notieren Sie mindestens 3 Dinge, die Sie an Ihrem Körper mögen.
  • Notieren Sie mindestens 5 Charaktereigenschaften, die Sie wertvoll an sich finden.
  • Notieren Sie mindestens 4 berufliche Stärken, die Sie haben.
  • Notieren Sie mindestens 12 Dinge, die Sie in Ihrem Leben erfolgreich gemeistert haben.  (beruflich oder privat)

Hängen Sie diese beeindruckende Liste an einen Ort, wo Sie sie täglich sehen können.

Formulieren Sie aus den notierten Aussagen Sätze. Stellen Sie sich nun aufrecht vor den Spiegel. Halten Sie den Kopf aufrecht, schauen sich in die Augen und sagen sich Ihre Sätze laut ins Gesicht. Ich bin… Ich habe… Ich kann gut… Ich habe mich spezialisiert auf… Was sich besonders gut und stimmig anfühlt, wiederholen Sie und immer fleißig nicken dabei. Sagen Sie es sich jeden Tag, so lange, bis Sie sich selbst glauben. Passen Sie Ihre Körperhaltung an, glaubt auch Ihr Nervensystem an diese Aussagen und Ihr gesamtes Erleben wird positiver.

Musterbild

Wenn Sie wieder einmal Selbstzweifel plagen, beantworten Sie sich direkt nach der Situation folgende Fragen:

  • Haben Sie in diesem Augenblick das Beste gegeben, was Sie konnten?
  • Was ist nicht so gut gelaufen?
  • Was ist sehr gut gelaufen?
  • Was würden Sie beim nächsten Mal anders machen?
  • Worauf sind Sie stolz

Wie immer freue ich mich, über ein Feedback zu diesem Beitrag und ein reges Gedanken kramen mit Ihnen.

Alles Gute!
Ihre Aline Kramer

Ein ganzes Training zum Thema Selbstbewusstsein & Selbstvertrauen mit kurzen Videos als Input und dazugehörigem Arbeitsmaterial finden Sie in meinem gleichnamigen Blogbeitrag.

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  1. Ich bin von dem was sie schreiben beeindruckt u ich versuche das umzusetzen. Alle Texte sind sehr interessant und spiegeln viel Fachkompetenz und Lebenserfahrung wieder. Danke dafür! VG und bleiben Sie gesund!

    1. Liebe Frau Pieczynski, herzlichen Dank für Ihr Feedback. Mich freut natürlich sehr, dass Sie mit den Beiträgen etwas anfangen können und Impulse für sich ausprobieren. Dabei wünsche ich Ihnen viel Freude und Erfolg. Vielleicht mögen Sie manchmal davon berichten. Alles Gute und bleiben Sie gesund. Viele Grüße Aline Kramer-Pleßke

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