Der rote Pelz reicht nicht allein, ein bisschen Fuchs muss man schon sein.
Erinnerung: Sonntagmorgen. Eine Überraschung für unsere Eltern: heimlich leckeren Kuchen backen im Kinderzimmer. Das wird eine Freude. Je eine große Packung Mehl, Zucker, Salz, ein Liter Milch, ein Stück Butter – alles in einer Plastikschüssel verrühren… und ab damit auf den kleinen elektrischen Puppenherd. Die Kochplatte wurde sehr heiß, die Schüssel schmolz, der ganze teigige Matsch floss auf Herd, Teppich, Kleidung und im Zimmer waberte stinkender Qualm. So eine Sauerei! Irgendwie haben sich Mama und Papa gar nicht gefreut. Im Gegenteil, es gab Zimmerarrest und lautes Schimpfen: „… Wie dumm muss man sein!? …“
Natürlich können wir in diesem Fall nicht von Dummheit sprechen. Hier haben wir es eher mit mangelnder Vorerfahrung zu tun. Uns Kindern fehlte das nötige Wissen und somit waren uns auch die negativen Konsequenzen nicht klar. Dumm wäre etwas zu tun, obwohl das Wissen vorhanden ist und auch die Folgen absehbar sind. „Dummheit: Ein zeitloses Charakteristikum des Menschseins, der vielleicht facettenreichste Begriff der Kulturgeschichte. Zahlreiche Modi der Dummheit finden Erwähnung: Intelligente Dummheit, anerzogene Dummheit, kollektive Verblödung … – Die Dummheit: Aber auch eine Triebkraft der Evolution menschlicher Kultur, vielleicht ein Dynamo der Zivilisation?“ *
Aber ab wann werden Menschen „dumm“? Ja WERDEN. Und ich meine Menschen, die alle Sinne beisammenhaben und über uneingeschränkte kognitive Fähigkeiten verfügen. In den ersten Lebensjahren wächst unser Erfahrungsschatz und Wissensspeicher rasant. Wir werden also immer schlauer. Was trägt dazu bei, irgendwann als „dumm“ eingestuft zu werden? Schon kommt mir der nächste Gedanke: Wer bewertet das eigentlich? Die gesellschaftliche Norm? Hängt diese Bewertung mit dem Alter, dem Status, dem Können, dem Wissen, den Fertigkeiten, bestimmten Verhaltensweisen und der Nachvollziehbarkeit von Handlungen zusammen? Was denken Sie darüber?
Ich glaube, jeder Mensch tut „dumme“ Dinge. Dann kann man sagen: „Guck an, na sowas!“ und: „Vielen Dank, aus diesem Versehen kann ich etwas lernen.“ Das nenne ich Fehlerfreundlichkeit. Richtig „dumm“ wird es erst, wenn ich nicht daraus lerne, es wiederhole und mir oder vielleicht sogar jemand anderem Schaden zufüge.
Außerdem gibt es unreflektierte, laute Menschen, gern nutzen sie Totschlagargumente und malen schwarz-weiß. Arthur Schopenhauer klagte über „verbale Schaumschlägerei“ und „Arroganz statt der Kenntnisse“. Meines Erachtens gibt es hier eine Ambivalenz zwischen Charakterfestigkeit und „keinen Widerspruch zulassend“. In jedem Fall ist solch ein Gebaren polarisierend. Bei mir werden verschiedene Emotionen hervorgerufen, das reicht von Mitleid, über Erstaunen, auch Bewunderung, Ärger bis hin zur Wut. Über den Umgang mit Totschlagargumenten krame ich demnächst in Gedanken.
In sehr unterschiedlichen Situationen wurde mir schon gesagt: „Du denkst zu viel!“ Kann schon sein… Dennoch Basis der Persönlichkeitsentwicklung sind Reflexionsfähigkeit, Neugier, Offenheit, Flexibilität und die Lust auf lebenslanges Lernen. Sicher ist niemand davor gefeit, in die Dummheitsfalle zu geraten. Aber wir können üben. Hilfreich ist sich auf die sogenannte Meta-Ebene zu begeben. Versuchen Sie die Situation von oben zu betrachten oder sich daneben zu stellen und sich zu beobachten.
Sie wollen lernen sich noch besser zu reflektieren, um nicht in die Dummheitsfalle zu geraten?