Gut ist der Vorsatz, aber die
Erfüllung ist schwer.
Johann Wolfgang von Goethe
Ab jetzt wird alles anders!
Das ist ja nicht mehr auszuhalten, ich werde endlich abnehmen. Ich esse jetzt nämlich smarter und Sport, klar Sport ist total wichtig. Ab diesem Jahr laufe ich jede Woche und meditiere, natürlich täglich, hab da eine super App gefunden. Ausmisten ist auch endlich mal dran. Ich gehe zur Kosmetik, treffe mehr Freunde, trinke weniger Alkohol, lese wieder mehr und gucke nicht so viel Schrott im Fernsehen. Überhaupt tue ich mir sehr viel Gutes.
Kennen Sie das?
Solche Vorhaben werden vor allem zum Jahresbeginn häufiger getroffen. Einige davon kenne ich auch sehr gut.
Nun zeigt die Statistik (Statista), dass Neujahrsvorhaben oft nicht sehr lange anhalten, manchmal sogar nur einige Stunden. Später splittet sich das Feld und nach spätestens 2 Monaten haben 80% der Befragten aufgegeben.
Mein persönliches Beispiel: Ich bin hervorragend ausgestattet, habe alle möglichen Gerätschaften, Schuhe, Kleidung, DVDs, Pläne und Dinge, die benötigt werden, um Sport zu treiben. Und doch tue ich es nicht.
So gern hätte ich ein Rezept gewusst, irgendeine Gebrauchsanweisung, an die ich mich halten kann und schon klappt das mit dem Durchhalten. Manchmal konnte ich mich überwinden und habe mich einige Zeit erfolgreich gequält, aber was ich auch versucht habe, nie war es von Dauer.
Wie kommt es, dass ich diesen Plan nicht durchhalte?
Nun da es nicht nur mir, sondern auch vielen meiner Kund*innen so geht, habe ich mich im Laufe der letzten Jahre intensiv mit dieser Thematik beschäftigt und mittlerweile viele wissenschaftliche Erkenntnisse darüber gefunden, weshalb wir einige Vorhaben umsetzen und andere eben nicht. Besonders nachvollziehbar sind für mich die Ausführungen von Maja Storch (u.a. Begründerin des ZRM) zu dieser Problematik, die ich in diesem Artikel zu Grunde lege.
Wahrscheinlich ist es keine Überraschung, dass unsere Innenwelt hier eine Hauptrolle spielt.
Vorbereitung
Wer anfängt zu handeln, ohne die Haltungsebene geklärt zu haben, läuft Gefahr beliebig zu handeln. Schnell schwankt man, ist labil, macht etwas flüchtig. Ein wichtiger Punkt für den Erfolg von Handlungen ist eine gute Vorbereitung. Damit sind wir allerdings häufig etwas lieblos und nachlässig.
Für alle denkbaren Situationen wird eine gute Vorbereitung überhaupt nicht in Frage gestellt. Natürlich braucht man für Bauwerke einen Bauplan, eine Architektur und entsprechende Fachleute. Ein Auto muss vollgetankt und intakt sein, damit es fahren kann. Pflanzpläne für den Garten werden erstellt, denn Pflanzen haben bestimmte Bedürfnisse an Licht, Nährstoffe, Wasser, Standort etc.. Beim Zahnarzt werden alle Geräte bereitgelegt, bevor die Behandlung beginnen kann. Wir kochen ein wunderbares Menü und haben zumeist gute Rezepte dafür, brauchen bestimmte Zutaten, Temperatur und Zeit zum Garen.
In allen möglichen Bereichen, die mit Tätigkeiten in der Außenwelt zu tun haben, wird eine gute Organisation und Planung als völlig einleuchtend angesehen.
Wenn es um Handlungen in unserer Innenwelt geht, ist das offensichtlich nicht so. Maja Storch schreibt dazu: „Psychische Vorhaben werden von den allermeisten Menschen unterschätzt, was ihren Vorbereitungsbedarf betrifft. Das kommt daher, so vermute ich, dass man die vorbereitenden Vorgänge in der Innenwelt nicht so einfach beobachten kann wie vorbereitenden Vorgänge in der Außenwelt.“
Der Mensch verfügt über zwei unterschiedliche Systeme. Beide sind voneinander unabhängig und können Handlungen bewirken. Das erste System arbeitet mit Sprache und Logik und ist an das Bewusstsein gekoppelt, der bewusste Verstand. Das zweite System arbeitet unbewusst, es ist nicht für alle Menschen gleich logisch. Es ist auf Assoziationen, Erinnerungen, Ähnlichkeiten und zeitliche Nähe von Ereignissen aufgebaut. Das heißt, es werden höchst persönliche Erfahrungen gespeichert. Über diffuse Gefühle, Körperempfindungen und als Emotion macht es sich bemerkbar. Dieses unbewusste System wird auch als adaptives Unbewusstes bezeichnet (adaptiv = zur ständigen Anpassung in der Lage). Diese Systeme arbeiten parallel. Ihre Bewertungen können sich decken, aber auch völlig unterschiedlich sein. „Beide Systeme konkurrieren darum die Herrschaft über die Handlungen „seines“ Menschen zu gewinnen.“ *
In unserer Kultur ist das erste System, der bewusste Verstand, im Vordergrund. Es gibt zunächst Sicherheit, wenn etwas erklärbar und logisch ist. Wenn man mit Worten beschreiben kann, was ist richtig und falsch. Wenn man langfristige Ziele und die Zukunftsperspektiven beobachten und verfolgen kann. Wir befinden uns hier auf der Bedeutungsebene.
Trotz aller Logik, gibt es oft so ein seltsam mulmiges Gefühl im Bauch. Kennen Sie das auch?
Das ist das zweite System, adaptive Unbewusste! Es bewertet, was gut oder schlecht für uns ist, vergleicht und assoziiert nach Ähnlichkeiten von Erfahrungen. Es ist nicht logisch, sondern hedonistisch und äußert sich durch diffuse Gefühle. Wir befinden uns hier auf der Wahrnehmungsebene.
Wenn es nun um Vorhaben, Handlungen, Entscheidungen geht, spielt das adaptive Unbewusste eine immens wichtige Rolle und sollte dementsprechend ernst genommen werden.
Wie geht das?
Das adaptive Unbewusste schickt, egal in welcher Lebenslage, eine Bewertung innerhalb von 200 Millisekunden. (übrigens auch bei Erschöpfung) Dies ist ein biologischer Prozess. Körpersignale werden ausgelöst: z.B. Kloß im Bauch, ziehen im Rücken, Stich im Kopf, lachen, schwitzen, schnellere Atmung etc.. Diese Signale nennt man auch somatische Marker. (Soma = Körper)
Diese Bewertung ist nicht nur positiv oder negativ, sondern häufig gemischt.
Tanta Erna kommt zu Besuch?
- adaptives Unbewusste: kurzes Lächeln, Speichelfluss = positive Bewertung bewusster Verstand: „Oh wie schön, sie bringt bestimmt die leckeren Kekse mit und die Kinder freuen sich immer so sehr darüber.“
- adaptives Unbewusste: tiefes Ausatmen, Augen rollen, Kopfschmerzen = negative Bewertung. bewusster Verstand: „Tante Erna wird stundenlang das gleiche Zeug reden.“
Das heißt, es könnte etwas Arbeit bedeuten, darüber nachzudenken, was zu tun ist, um den Besuch von Tante Erna an diesem Nachmittag gut gestalten? Sie spielen alle gemeinsam etwas, vielleicht gehen Sie ein Runde spazieren mit ihr, Sie zeigen einen Diavortrag über Ihren letzten Urlaub, die Kinder führen wieder irgendetwas auf, Sie lenken also auf andere Themen, Sie stopfen sich Ohropax in die Ohren oder Sie öffnen nicht die Tür. Wie auch immer, Ihnen wird etwas Gutes einfallen, da bin ich sicher.
Meine Absicht Sport zu treiben ist auf der Verstandesebene sehr logisch und auch ganz richtig. Ich werde ja auch nicht jünger, muss auf meine Gesundheit achten, wohne unterm Dach 100! Treppenstufen etc. Es gibt absolut gute und nachvollziehbare Gründe. Allerdings hat mein adaptives Unbewusstes mit den Begrifflichkeiten ein Problem. „Sport treiben“ Womit bringe ich das in Verbindung? Für mich bedeutet „Sport“ Anstrengung, umknicken, ausgelacht werden und „treiben“ Leistungsdruck, „die Pfeife“ sein, etwas nicht schaffen. Es ist einfach verbunden mit vielen Stressmomenten, bedeutet also nicht unbedingt Wohlfühlen.
Wie oben deutlich wird, verbinden wir automatisch bestimmte Erfahrungen mit dem Gesagten. „Sport treiben“ ist bei mir kontraproduktiv. Ich musste mich also intensiv mit meinem Anliegen auseinandersetzen. Die Wortwahl ist von enormer Wichtigkeit, hier musste ich bei der Formulierung meines Vorhabens sehr sorgfältig sein und mich fragen: Worum geht es mir? Was sind MEINE (und nicht fremde) guten Gründe? Welche Worte lösen eine positives Bauchgefühl aus? Einer meiner sehr positiv besetzten Begriffe ist Leichtigkeit und das unterstützende Bild eine Wiesenraute. Das hat einiges an Arbeit und Vorbereitung gekostet und wirkt sich nun sehr positiv aus.
Sie wollen auch gute Entscheidungen treffen und wünschen sich Unterstützung dabei?
Impuls
Sie können üben einen besseren Zugang zu Ihren gespeicherten Erfahrungen zu bekommen und so Ihrem Innenleben näher zu kommen. Viele Menschen haben gut gelernt, Gefühle und Körpersignale nicht wahr und vor allem ernst zu nehmen.
Übung: Fragen Sie in den nächsten 4 Wochen bei allen möglichen kleinen und größeren Alltagsentscheidungen Ihr adaptives Unbewusstes. Achten Sie auf Ihre somatischen Marker. Was für Bilder, Emotionen, Gerüche, Eindrücke kommen in Ihnen hoch? Welche somatischen Marker sind spürbar? Was macht das mit Ihrer Entscheidung? Wo können Sie verbessern, um nachhaltig zu entscheiden? Nutzen Sie den Kopf oder den Bauch?
Wer Wahlmöglichkeiten hat, braucht aber auch Wahlkompetenz.
Maja Storch
Es gibt eine unglaubliche Fülle an Lebensentwürfen. Zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten stehen uns zur Verfügung. Deshalb möchte ich Sie ermutigen zu üben, sich mit Ihrem Innenleben zu beschäftigen, auf Ihren Bauch zu hören und sich Ihrer wahren Gründe für Ihre Vorhaben klar zu werden. So können Sie eine selbstregulierende Art erzeugen und gute, nachhaltige Entscheidungen treffen.
Wenn Sie mehr über das Thema erfahren möchten empfehle ich Ihnen folgende Bücher von *Maja Storch „Mein Ich Gewicht“ und „Das Geheimnis kluger Entscheidungen“.
Hier finden Sie ein beschreibbares Workbook, dass Sie durch den Entscheidungsprozess lenkt. Einfach E-Mail eintragen und gratis loslegen.
Wir immer freue ich mich, wenn Sie mir erzählen, wie Ihre nächste Vorhaben aussehen, wofür Sie sich entschieden haben.
Viel Freude beim Gedankenkramen!
Ihre Aline Kramer