Gedankengänge
„Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.“
Francis PicabiaErinnerungen
Ein Pfiff ertönte. Alle Kinder sollten sich in einer Reihe aufstellen. Drei fremde Menschen standen in der Turnhalle und beäugten uns von vorne und hinten. Wir waren ein bisschen angespannt und mussten kichern. „Aline komm bitte hier herüber.“ Mein Herz rutschte in die Turnhose. So laut gelacht hatte ich doch gar nicht. Noch wenige Kinder wurden ausgewählt, die anderen durften zur Pause gehen. Dann kam das Vorturnen. Erst einmal Knieheben an der Sprossenwand. Das konnte ich. Ich war ehrgeizig. Aber Beinheben, also an der Wand hängen und die Beine gestreckt heben, das konnte ich noch nie. Keine Bauchmuskeln. Liegestütz, auf gar keinen Fall. Naja, damit war meine Zeit in dieser kleinen Gruppe nach ein paar Minuten vorbei und ich durfte mich umziehen. Später erfuhren wir, dass für die Kinder- und Jugendsportschule gesucht wurde. Wir waren herrlich klein und dünn, also wie geschaffen für den Bereich Geräteturnen. Ich war nicht unsportlich, sogar überbeweglich, aber keine Muckis. Hier war es Glück.
Erfahrungen
Wenn unser Auto nur noch tuckert, unüberhörbare Geräusche macht oder ganz verstummt ist der Weg in die Werkstatt selbstverständlich.
Eine schöne Analogie für die Reflexionsarbeit. Wenn Sie sich mit sich beschäftigen, Körper Geist, Emotion und ihr Verhalten betrachten, kommt etwas ins Fließen. Festgefahrenes kann durch Bewegung aufgelöst werden. Quasi „laufend“ vorankommen.
Manchmal gehe ich mit meinen Klientinnen in den Park zu einem „Gedankengang“. Die Bewegung lässt eine ungezwungene Atmosphäre entstehen und unterstützt den Coaching-Prozess effektiv. Einmal war ich mit einer Geschäftsführerin eines sozialen Trägers unterwegs. Sie hatte eine Sinnkrise und war irgendwie steckengeblieben.
Gedankengänge beginne ich mit Atemübungen beim Gehen. Der Geist kommt in Schwung, gerät in Bewegung. Der Organismus wird aktiviert, der Stoffwechsel angeregt. Sobald Sauerstoff getankt wird, bekommen wir neue Energie.
Nach den ersten Übungen begann die Geschäftsführerin zu erzählen. Ich fragte nach und sie suchte nach dem Verlorengegangenen. Ihre Gedanken öffneten sich durch Sinneseindrücke aus der Natur. Wunderbare Bilder entstanden. Ein Baumstamm hatte es ihr angetan. Zunächst sah sie ihn nur als den alten Baumstamm, bröckelnd, kurz vor dem Ende. Nachdem sie ihn aus verschiedenen Perspektiven betrachtet hatte, konnte sie den Blick ändern. Sie entdeckte das Leben im und am Stamm, die wertvolle Verwurzelung und die vielen kleinen Austriebe. All diese Bilder konnte sie übersetzen in ihre Arbeitswelt. Sie spürte nach, was Sie brauchte und entwickelte Ideen.
Sie erinnerte sich an ihre abendlichen Spaziergänge, die sie bis vor einigen Monaten sehr regelmäßig gemacht hatte und die durch eine Corona Erkrankung unterbrochen wurden. Danach war einfach so viel zu tun, dass diese Erfrischungen immer wieder aufgeschoben worden waren. Dabei habe sie sich genau dort, sortiert, ausbalanciert, innere Spannung abbauen, abschalten und vor allem gut schlafen können.
„Was hindert sie, wieder damit zu beginnen?“ fragte ich. „Nichts, nur ich mich selbst.“ Sie lachte sichtlich gelöst. Dieser Gedanke gefiel ihr sehr und wie sie mir später berichtete, war unser Gedankengang der Auftakt für viele weitere Feierabendgänge.
Experimente
1. Gedankengang
Beginnen Sie mit einer Atemübung. Im Schrittrhythmus wird vier Schritte lang durch die Nase eingeatmet, die nächsten vier Schritte durch den Mund bewusst ausgeatmet. Wenn das gut funktioniert, kommt folgende Übung dazu. Ebenfalls im Rhythmus berührt der Daumen nacheinander jede Fingerspitze. Am Ende können Sie noch ein Mantra hinzufügen. „Sa Ta Na Ma“. Das steht für Unendlichkeit, Leben, Tod und Wiedergeburt. Blicken Sie dabei in die Weite. Gehen Sie so gern 10 - 30 Minuten. Nach der Übung einfach locker weiter gehen. Sie werden es spüren: klare Luft = klarer Kopf!
2. Der aufrechte Gang zur Entspannung der Rückenmuskulatur
Im Alltag senken wir oft den Blick ab, die Schultern hängen nach vorne, die Hals- Nacken Partie ist angespannt, ein Knick in der Halswirbelsäule.
Bei der Übung richten Sie den Blick auf Ziel in der Ferne, heben das Brustbein, ziehen das Kinn leicht zum Hals. Als wenn sie an einem seidenen Faden aufgehangen sind, streckt sich die Halswirbelsäule. Gehen Sie mit Leichtigkeit und lassen die Arme mitschwingen.
3.Bewegung im Arbeitsalltag
Bauen Sie Bewegung in ihre Arbeit ein. Reiben Sie ihre Hände. Klopfen Sie Ihren Körper ab. Schütteln Sie sich aus. Schwingen Sie die Arme um den Körper herum, wie ein Elefant seinen Rüssel. Klatschen Sie im Rhythmus, gern zu fröhlicher Musik. Ich habe für meine Arbeit den Klappkalender „Hand aufs Herz“ von Claudia Croos-Müller. Sie finden hier sehr gut beschriebene Anregungen, kurze Übungen, fast überall durchführbar, auch mit Kindern.