Totschlagargumente in der Kommunikation
„Wer unter mir Chef ist, ist mir egal.“
Ich durfte einen Workshoptag an einer Grundschule moderieren. Thema: Rollenwechsel – ein Change Prozess. Zwei langjährige, erfahrene Kolleg*innen verließen die Schule und dementsprechend mussten die freiwerdenden Positionen intern neu besetzt werden. Es ging um die Leitung von Fachteams. Ich spürte schon zu Beginn von einigen Teilnehmer*innen einen starken Widerstand. Sogenannte Totschlagargumente gab es an diesem Tag viele. „Es sei doch unnütz, sich überhaupt mit dieser Thematik zu beschäftigten.“ „Es sei Zeitverschwendung…“ „Und überhaupt, so etwas wurde ja wohl noch nie gebraucht.“ „Es sei doch sowieso klar, wer die Rollen übernehmen würde… und im Grunde auch, wie das endet und fertig!“ Betretenes Schweigen und Unsicherheit im Raum. Natürlich nahm ich alle Bedenken sehr ernsthaft auf und nun, da ich schon mal da war, analysierten wir gemeinsam die aktuelle Situation, arbeiteten Chancen und Risiken heraus und dachten darüber nach, wie die Zukunft aussehen könnte. Besonders wichtig war es, auf Bauchschmerzen, Erwartungen und Wünsche einzugehen. Im Laufe des Tages, sah es fast so aus, als wenn eine gemeinsame Idee und gegenseitiges Verständnis entwickelt werden konnte. Fast. Denn immer wieder schlitterte das Team in ihre lang erlernten, komplizierten Muster. Es gab Teilnehmer*innen, die waren einfach nur dagegen. Wogegen vermochten sie leider nicht zu sagen. Unreflektiert, unflexibel, unwillig, durchaus manipulativ, ignorant und auch mal aggressiv. Da wurden Fragen umschifft und einfach nicht beantwortet. Es war kaum möglich, die Sachebene zu betrachten, keine Fakten, keine Lust, Klarheit zu schaffen, Perspektiven zu wechseln und sich mit den eigenen Bedürfnissen auseinanderzusetzen. „Ob Sonne oder Regen, egal wir sind dagegen.“ Am Ende des Tages erklärten sich zwei engagierte junge Kolleg*innen bereit, die Positionen zu übernehmen. „Je nachdem wie es läuft, unterstützen wir euch, arbeiten wir mit oder eben nicht.“ waren Aussagen in der Abschlussrunde. Wie schade, pubertär, unüberlegt und unvernünftig. Obwohl alle im selben Boot sitzen, die Verantwortung so einfach abzugeben.
Totschlagargumente und Killerphrasen
Totschlagargumente gibt es viele. Diese sind nicht zu verwechseln mit Killerphrasen. Wer eine Killerphrase benutzt, hat nichts Konstruktives einzubringen und greift den Gesprächspartner direkt ohne inhaltlichen Zusammenhang an. Totschlagargumente wirken zunächst so, als wenn es einen Bezug zum Thema gibt, stellen sich aber als Scheinargumente heraus.
Ob Totschlagargumente oder Killerphrasen, sie verletzen, machen hilflos und wütend. Sie können fast immer eingesetzt werden. Diese Aussagen müssen nicht einmal bewusst genutzt werden, aber sie bedeuten wortwörtlich den Tod von Innovation, verhindern Gedankenaustausch und Weiterentwicklung. Das Gespräch ist im Keim erstickt. Frust entsteht.
Sie wollen lernen, klug zu kontern und konstruktiv zu kommunizieren?
klug und konstruktiv kontern
So können Sie zu einem sachlichen Gespräch zurückkommen.
1. Geben Sie Recht
Wenn Sie zunächst zustimmen, sorgen sie für einen Überraschungseffekt und können dann weiter argumentieren. Die hohe Schule ist es, in der weiteren Diskussion ein ABER zu vermeiden. Das kann beim Gegenüber zu einer größeren Offenheit beitragen.
Totschlagargument: Auch Sie werden das irgendwann begreifen müssen.
Konter: Ja, das stimmt, ich bin gerade dabei. Deshalb meine Frage, z.B. was ist dagegen einzuwenden/ was spricht dafür etc…
Totschlagargument: Das können Sie schwarz auf weiß nachlesen.
Konter: Genau das habe ich getan und folgendes dazu gefunden…
Totschlagargument: Die Information ist uralt.
Konter: Stimmt, sie ist nicht neu, und wenn man sie wiederholt macht sie das nicht schlechter. Was gibt es dagegen zu sagen?
Totschlagargument: Die Idee können wir uns nicht leisten.
Konter: Ja, ich gebe Ihnen Recht, das wird teuer. Lassen Sie uns doch vorerst probieren, ohne Grenzen nachzudenken.
2. Stellen Sie Fragen
„Wer fragt, der führt!“ Dieser schlaue Satz wird Sokrates zugeschrieben. Durch (Nach)Fragen beeinflussen Sie den Gesprächsverlauf maßgeblich. Der Gesprächspartner wird angehalten sich zu erklären.
Totschlagargument: Gerade jetzt ist das ganz ungünstig.
Konter: Was genau spricht dagegen? Welcher Zeitpunkt wäre denn akzeptabler?
Totschlagargument: Das verstehen Sie nicht, Sie sind viel zu jung.
Konter: Was hat mein Alter mit diesem Thema zu tun?
Totschlagargument: Das geht sowieso nicht.
Konter: Was bringt Sie zu der Vermutung, dass es nicht funktionieren wird?
Totschlagargument: Wir haben da so unsere Prinzipien.
Konter: Welche sind das denn?
Totschlagargument: Das ist hier aber nicht möglich?
Konter: Gibt es Beweise dafür?
Totschlagargument: Selten habe ich so einen Mist gehört.
Konter: Können Sie mir den Begriff Mist in diesem Zusammenhang erklären?
3. Widersprechen Sie
Wenn Sie sich gut vorbereiten und Argumente parat haben, dann können Sie auch widersprechen und Todschlagargumente haben keine große Chance. Die ZDF-Formel kann hilfreich sein: Zahlen, Daten, Fakten zusammentragen.
Totschlagargument: Das lässt sich nicht durchsetzen.
Konter: Es steht ganz klar in unserem Auftrag, dass …
Totschlagargument: Das hat Professor X längst geklärt.
Konter: Interessant. Und Professor Y sagt folgendes dazu…
Totschlagargument: Haben Sie mal überlegt, was für einen Aufwand das zur Folge hat?
Konter: Ja und in Abwägung würde der Nutzen überwiegen, weil...
Totschlagargument: Da sind wir schon durch, alles schon probiert.
Konter: Damals waren die Umstände und die Art des Vorgehens anders. Meine Idee meint diesmal, …
4. Gehen Sie in die Offensive
Bei Aussagen angebracht, die in den persönlichen Angriff gehen, also Killerphrasen sind. Sagen Sie deutlich, dass soeben die Sachebene verlassen wurde. Äußern Sie Ihren Wunsch zum weiteren Gesprächsverlauf.
Totschlagargument: Typisch Frau.
Konter: Persönliche Angriffe bitte ich Sie zu unterlassen. Ich möchte mich auf das Thema konzentrieren.
Totschlagargument: Sie sind immer so empfindlich.
Konter: Das ist eine Unterstellung. Ich nehme die Situation anders wahr und möchte alle möglichen Perspektiven betrachten.
Totschlagargument: Nun denken Sie doch einmal nach – auch wenn’s schwerfällt.
Konter: Bitte keine Beleidigungen, lassen sie uns konstruktiv diskutieren.
5. Entkräften Sie durch Humor
Totschlagargument: Das ist doch alles graue Theorie.
Konter: Nichts ist praktischer als eine gute Theorie.
Totschlagargument: Das geht nicht.
Konter: „Wo kämen wir hin, wenn jeder sagte, wo kämen wir hin, und keiner ginge mal nachsehen, wo man hinkäme, wenn man hinginge. “ Kurt Marti.
Totschlagargument: Machen Sie sich doch nicht lächerlich.
Konter augenzwinkernd: Ich finde es gar nicht sooo lustig und sehe niemanden lachen. Ich stelle mir z.B. folgendes vor…
Hilfreich ist es seine Gesprächspartner*innen gut zu beobachten und sehr aufmerksam in Gesprächen zu sein. So erlangen Sie eine Sensibilität auch für schwache Vorläufersignale und werden nicht so überrascht. Natürlich kann es auch vorkommen, dass ein Gegenüber kein Interesse an einer Entwicklung oder Lösung hat. Je nach Kontext kann es dann sinnvoll sein, das Gespräch abzubrechen, klare Grenzen zu setzen oder sich auch Unterstützung im Außen zu suchen. Grundsätzlich empfehle ich, vertrauen Sie auf Ihre Intuition. Seien Sie mutig, erlauben Sie sich, zu üben und auch mal über das Ziel hinaus zu schießen. Auch das gehört zur Kommunikation und dann können solch herausfordernde Gesprächssituationen sogar Spaß machen.
Wieder ein sehr schöner Beitrag – sehr kurzweilig und dazu macht er Mut für Gespräche mit Veränderungsmuffeln!
Vielen Dank und viel Erfolg beim Austausch 🙂