Gib mir Tiernamen!
Erinnerung
Wurden Sie als Kind beim Neptunfest getauft? Im Sommerferienlager wohnten wir Kinder diesem spannenden Ritual bei. Wenn man von seinem Gruppenleiter als Täufling ausgewählt wurde, musste man vor den Häschern weglaufen, einen gemixten, zumeist widerlich schmeckenden, Trunk zu sich nehmen, erhielt von Neptun einen neuen Namen mit Urkunde und wurde am Ende in die Ostsee geworfen. Nach dieser Prozedur war man in die Welt des Neptun aufgenommen und hatte so Namen wie “glitschige Qualle”, “mutiges Seepferdchen” oder “feuerrote Tiefseemuschel”. Jedenfalls wurden Tiernamen sehr gern vergeben.
Meine Güte was war ich aufgeregt. Einmal nämlich hatte mich mein Gruppenleiter ausgewählt. Nachdem mein Name aufgerufen wurde, lief ich um mein Leben. Ich war wirklich wendig und flink. Natürlich fingen mich die Häscher und am Ende bekam ich den Taufnamen “Häschen”. Das war doch seltsam. Ich war verwirrt und unsicher, ob ich den Namen mochte. War ich so langweilig oder ängstlich?
Etwas später unterhielt ich mich mit meinem Gruppenleiter über das „Häschen“. Was war ich überrascht, als er von Meister Lampe erzählte, der flink über das Feld flitzen konnte, kaum einzufangen. Er sagte: „Und außerdem sind Häschen doch recht lustig und liebenswert, nicht wahr?“ Ich freute mich über dieses Bild von mir, sah ich mich doch eher als Hasenfuß.
Ein Gespräch in Tiermetaphern
P 1: Ist hier jemandem eine Laus über die Leber gelaufen?
P 2: Ich möchte ja nicht unken und ich sage das extra in Gänsefüßchen: „Ich hüte lieber einen Sack Flöhe, als mich noch einmal so zum Affen zu machen.“
P 3: Wieso? Du Spaßvogel! Ich trage hier doch den Löwenanteil und die anderen sitzen wie die Maden im Speck. Ach, ich habe sowieso den Eindruck alles ist für die Katz.
P 2: So so… du kannst wohl keiner Fliege etwas zuleide tun? Du gibst an wie `ne Tüte Mücken, bist aber störrisch wie ein Esel und führst dich auf wie ein Hausdrache.
P 3: Pah, da lachen ja die Hühner.
P 1: Na, na immer langsam mit den jungen Pferden! Bindet euch doch keinen Bären auf. Ihr geht aufeinander los, wie die Aasgeier. Vielleicht bemühen wir mal unser Elefantengedächtnis. Wann haben wir uns denn wie Fische im Wasser gefühlt?
Stille. Niemand schwätzt wie eine Elster. Da sitzt wohl ein Frosch im Hals. Und dann… Nachtigall ick hör dir trapsen.
P 2: Es kräht kein Hahn danach, was wir tun... für die paar Kröten.
P 3: Genau, wer ist schon interessiert?! Irgendwie kriegen wir nie den richtigen Fisch an die Angel.
P 1: Das stimmt, man kann eben keine Hunde zum Jagen tragen. Dann lasst uns doch jetzt den Stier bei den Hörnern packen.
P 3: Was für eine gute Idee. Du Fuchs!
P 2: schweigt
P 1 zu P 2: Komm lass mal deinen Dackelblick, das wird schon: wer sich zum Schaf macht, den fressen die Wölfe. Also nicht den Kopf in den Sand stecken.
P 2: Wahrscheinlich hast du Recht: man wird alt wie eine Kuh und lernt immer noch dazu.
P 1: Na dann: Auf, auf sprach der Fuchs zum Hasen… .
Im Grunde vergeht keine Beratungssitzung, in der Gespräche nicht so verpackt werden könnten. Da wir in gewisser Weise verwandt sind, ist es naheliegend, dass wir Tiere gern als Metaphern nutzen. Eigenarten und Reaktionen werden menschlichem Verhalten zugeordnet. Bewusst eingesetzt, können diese Beschreibungen erleichtern, trösten und Druck nehmen.
Der Biologe und Unternehmensberater Dr. Arthur Shelley hat in „The Organizational Zoo“ über den Einfluss von Verhalten in der Arbeitsumgebung geforscht. Er ordnete übereinstimmende Verhaltensweisen in ein Tieralphabet und beschrieb, wie man Tiermetaphern für wirksame Interaktionen und konstruktive Gespräche einsetzen kann. Diese sind Grundlage für Workshops und Fortbildungen. Beispielhaft nenne ich hier den Adler, der für Weitblick steht, Visionen entwickeln kann und das Wesentliche sieht. Die Bienen (nicht die Königin oder Drohnen), die teamorientiert und fleißig arbeiten. Das Chamäleon mit der schnellen Zunge, überall seine Augen und obwohl anpassungsfähig, nicht sehr gemocht, weil unbeständig und entscheidungsschwach. Die Dinosaurier, die alte Traditionen lieben und leider auch oft so verankert sind, dass sie keine Veränderungen mögen. Die Eulen als weise, ruhige und nachdenkliche Mitarbeiter. Oft geschätzt als kompetente Berater. Das sparsame, bedächtige Faultier mit seiner minimalistischen Art, nicht sehr beliebt, aber durch nie aufkeimende Aggression, doch wieder angenehm. Die Tiere bis Z und viele weitere Informationen sind hier zu finden.
Sie wollen Ihre Persönlichkeit entwickeln und wünschen sich Unterstützung dabei?
Impuls
Ich arbeite mit Tiermetaphern als Übersetzer für Gefühlslagen und mit Lieblingstieren als Türöffner. Hier wird einiges über den eigenen Persönlichkeitstypen ausgesagt oder zumindest gibt es Anzeichen, welche Eigenschaften einem zusagen. In Teamentwicklungsprozessen macht es Spaß über Tiercharaktere den eigenen Konflikttypen näher zu beleuchten. Diese Übung dient als Brücke, um über das eher unangenehme Thema Konflikte ins Gespräch zu kommen, Selbst,- und Fremdbilder werden abgeglichen und meist ist es sehr lustig.
Konfliktpotenzial anhand von Tiermetaphern erkunden
Legen Sie die Kärtchen im Raum oder auf dem Tisch aus.
Aufgabenstellung: Es wird nicht gesprochen. Lies die Charakterisierung der Tiere. Gehe in dich und überlege, wie fühlst du dich in Konfliktsituationen? Welches Tier passt am besten zu deiner Art, in Konflikten zu reagieren? Es kann sein, dass nicht jeder kleine Punkt übereinstimmt. Wähle das Tier, was dir am nächsten scheint. Dann wird erzählt, abgeglichen, gestaunt, gefragt, wertgeschätzt – niemals abgewertet! Sie wollen sich gegenseitig besser kennen lernen, nur darum geht es. Da kann es sehr spannend sein, unterschiedliche Wahrnehmungen zu beleuchten. Am Ende können Sie gemeinsam darüber nachdenken, was das Ergebnis für Konfliktsituationen bedeutet, wer was braucht und wie Sie im Team damit umgehen können.
Wir immer freue ich mich, über Ihre Erfahrungen.
Viel Freude beim Gedankenkramen!
Ihre Aline Kramer